12: Vereinigte Arabische Emirate (2)

08.04.2018

 

Bei der Einreise in die Emirate wird unser Bus zum ersten Mal wirklich gefilzt. Vielleicht liegt es an der Neugierde der Zollbeamtin, dass sie tatsächlich alle Gewürze aufschraubt und daran schnuppert, unseren Kühlschrank vollkommen ausräumt und den Klamottenstapel durchsucht. Sie fragt mehrmals, wo wir denn unseren Alkohol hätten und wir antworten wahrheitsgetreu, dass leider schon alles leer getrunken ist. Sie scheint uns nicht zu glauben und die Alkoholsuche wird fortgesetzt. Da heute Janus' 40. Geburtstag ist, bitten wir sie ganz genau zu suchen, vielleicht findet sie ja noch was zum Anstoßen für uns heute Abend. Leider bleibt die Suche erfolglos und wir fahren weiter Richtung Dubai.

 

Kurz vor Dubai will Janus doch nicht trocken feiern und schlägt vor nach Sharjah zum Hafen unserer Einreise vor vier Monaten zu fahren und dort zu versuchen in den Duty Free Shop zu kommen. Am Hafen angekommen, beratschlagen wir uns ein paar Hundert Meter vor der Einfahrt: rein fahren oder doch heimlich rein laufen? Wir entscheiden uns für die erste Variante und werden wie vermutet an der Schranke zurückgewiesen. Ohne Fährticket zurück in den Iran kommen wir hier gar nicht rein. Da bereits einige Autos hinter uns warten, sollen wir im Kreisel wenden und das Hafengelände wieder verlassen.

Ein Blick und drei Worte genügen: Ursel schnappt sich Pass, Geld und Rucksack und springt während dem Wendemanöver in einem unbeobachteten Moment hinten aus der Schiebetür. Während sie sich schnell durch Autos hindurch davonmacht, fährt Janus allein aus dem Hafen heraus und wartet 200 Meter weiter auf einem Parkplatz. Und keinem ist aufgefallen, dass zwei Personen in den Hafen gefahren sind, aber nur Eine wieder raus.

 

Der Duty Free Shop ist auf dem riesigen Hafengelände schnell gefunden – aber nein: er ist geschlossen! Mist. Ursel erinnert sich, dass es irgendwo am andere Ende des Hafens noch einen weiteren Duty Free Shop geben soll und fragt vorsichtig nach dem Weg. Schließlich will sie hier nicht auffallen: illegal im Hafengelände und dann auf dem Weg Alkohol im trockenen Emirat Sharjah zu erstehen kann mit ungeahnten Folgen enden. Besser nicht dran denken, sondern schnell nach dem Laden suchen. Nach einer dreiviertel Stunde hat sie die Baracke im letzten Winkel gefunden und kauft nachdem sie den Preis runtergehandelt hat zwei Kanisterchen mit Rotwein. Jetzt muss die kostbare Fracht nur noch unbeobachtet aus dem Hafen kommen. Strammen Schrittes und mit mittlerweile zahlreichen Ausreden bei einem möglichen Aufgreifen der Hafenpolizei im Petto geht es zurück zur Hafeneinfahrt. Zwei Männer aus Dubai bieten noch eine Mitfahrgelegenheit an und lassen Ursel kurz vorm Gate aus dem Auto springen. Ohne sich umzudrehen geht es zielstrebig zwischen parkenden Autos hindurch und schwupps ist Ursel draußen. Janus, der sich in der Zwischenzeit etliche Szenarien überlegt hat, springt freudig auf und wir klatschen uns ab und jubeln als wäre Deutschland gerade Weltmeister geworden. Die Party kann beginnen!

Wir fahren ein paar Kilometer weiter zum Aquarium von Sharjah und genießen noch einmal Pasta mit Tintenfisch - diesmal mit einigen Gläsern Wein. Ein verrückter, aber schöner Geburtstag!

 

Am nächsten Morgen geht es mit einem Kater zur Botschaft von Usbekistan. Dort wollen wir unser 30-Tage-Visum für den Besuch im Mai beantragen. Zuvor hatten wir uns per Email, über die Öffnungszeiten während der Neujahrsfeierlichkeiten Nowruz erkundigt und wussten, dass wir für das Visum nicht zwei, sondern fünf Tage warten mussten. Im Warteraum bekommen wir einen ersten Vorgeschmack auf Zentralasien: der Ton untereinander ist rauer, die Menschen wirken robuster, aber nett. Als wir an der Reihe sind ist unser Antrag schnell ausgefüllt und abgegeben. Am Samstag sollen wir wieder kommen.

 

Die Wartezeit nutzen wir, um einer Einladung einer typischen in den Emiraten lebenden Familie nachzukommen: einer polnischen Expadfamilie. Kinga, Radek mit Tochter Olivia hatten wir vor ein paar Wochen an einer Imbissbude im Oman kennen gelernt. Radek arbeitet bei einer französischen Firma und ist beruflich viel unterwegs. Auch so als wir bei ihnen, in einem schicken Gebäudekomplex am Stadtrand von Dubai ankommen. Wir sind begeistert: zwei Bäder, Klimaanlage, kaltes Bier im Kühlschrank, ein Pool, Sauna, Fitnessbereich, ein eigenes Zimmer für uns. Willkommen in der Komfortzone - zumindest für ein paar Tage.

Wir nutzen die Zeit mit Wlan um unser Turkmenistan-Visum vorzubereiten, einige Waschmaschinen durchlaufen zu lassen und uns im kalten Pool zu erfrischen. Kinga verwöhnt uns mit polnischen Spezialitäten wie Bigos und verschiedenen Wurstsorten.

 

Als Radek von seiner Geschäftsreise wieder zurück kommt fahren wir zusammen in die Dubai Mall. Sie ist der Inbegriff eines Einkaufszentrums: mit 1200 Geschäften, einer eigenen Eisbahn, einem riesigen Aquarium mit Haien, Rochen und anderen Salzwasserfischen. Als erstes führen uns die drei in einen Mall-internen Vergnügungspark mit Fahrgeschäften und zahlreichen Virtual Reality-Attraktionen. Bei all dem Lärm und Lichtblitzen wird uns beiden ganz komisch im Bauch und Kopf. Das ist einfach zu viel für uns. Wir reißen uns zusammen, beobachten wie die 6-jährige Olivia mit einer VR-Brille versucht irgendwelche virtuellen Einhörnern zu greifen und atmen einmal richtig durch als wir wieder in der normalen Shoppingmall sind, die uns eigentlich schon genug mit Reizen überflutet. Wir schlendern weiter zum Aquarium, das riesig und auch für den normalen Mallbesucher zugänglich ist. Wir sind fasziniert und zugleich spiegelt das Aquarium unser Bild der Emirate wieder. Es scheint nichts unmöglich. Wer genug Geld hat, kann sich alles leisten und bauen lassen. Sei es ein riesiges Aquarium mitten in eine Shoppingmall, eine Skihalle ins Wüstenklima oder die ins Meer aufgeschütteten Inseln in Palmen- bzw. Weltform. Vor 50 Jahren sind die Menschen hier auf Eseln durch die Wüste geritten, jetzt parken sie ihren sündhaft teuren SUV in einer klimatisierten Garage. Verrückt ist dieses Land, das von westlichen Ingenieuren geplant und durch südasiatische Hände gebaut wurde. Und dennoch starren wir unglaubwürdig vom Balkon der Shoppingmall auf das höchste Gebäude der Welt: den 828 Meter hohen Burj Khalifa. Eigentlich sollte dieses Gebäude Burj Dubai heißen - nachdem allerdings das Geld für den Weiterbau fehlte und der Sheik von Abu Dhabi um Geld gebeten werden musste, willigte Sheik Khalifa dem Kredit zu, mit der Bedingung, dass das Gebäude seinen Namen tragen sollte. Der Sheik von Dubai willigte zähneknirschend ein.

 

Bevor wir die Mall wieder verlassen lädt uns Radek noch in ein Steakhouse ein. Der südafrikanische Kellner nimmt unsere Bestellung auf, der Mexikaner bereitet das Fleisch zu und der Pakistaner räumt danach das Geschirr weg – so ist das hier. Aber: so ein gutes Fleisch hatten wir schon lange nicht mehr gegessen. Auf dem Rückweg halten wir noch im Dubai Common Garden. Kinga hat sich dort ein paar Quadratmeter Garten gemietet und baut unter anderem Tomaten, Kräuter und rote Beete an. Wir freuen uns bei dem Anblick und beißen genussvoll in die frischen Radieschen. Erstaunlich was hier auf Sand wachsen kann.

 

Bevor wir bei Kinga, Radek & Olivia aufbrechen wartet noch eine kleine Überraschung auf uns. Security Azad, der uns die letzten Tage die Tür zum Gebäudekomplex geöffnet hatte und begeistert von unserer Reisegeschichte ist, ruft kurzer Hand einen Freund an, der unser Auto putzt. Er wollte uns einfach etwas Gutes tun. Danke Azad!

Nach ein paar erholsamen Tagen sagen wir „Dzenkujemy Bardzo“ und verabschieden uns von Radek, Kinga & Olivia. Während die drei in den Urlaub nach Bangkok fliegen geht es für uns weiter zur usbekischen Botschaft. Wir müssen eine Stunde warten. Schauen uns mal wieder die zentralasiatischen Gesichter im Warteraum an und bekommen dann unsere Visa überreicht. Alles sehr unkompliziert und im Vergleich zu Deutschland auch noch günstiger. 

Auf dem Weg zur nächsten Botschaft in Abu Dhabi machen wir noch einen Zwischenstopp am Al Soufah Beach in Dubai, wo das campieren mittlerweile verboten bzw. kostspielig geworden ist. An Weihnachten konnten hier noch zahlreiche Overlander wie wir parken. Nun stehen wir allein an der Mauer zum Palast vom Sheik und freuen uns als wir vom Wasser aus Cristian & Audrey's umgebauten UPS-Laster entdecken. Sie haben gerade Besuch von Andrea & Amin, ein rumänisch-iranisches Pärchen, das in Dubai lebt. Wir verbringen einen lustigen Abend zu sechst und werden dazu von Cristian und Andrea rumänisch bekocht.

 

Am nächsten Morgen geht es für uns weiter in die Hauptstadt der Emirate – nach Abu Dhabi. Online haben wir einen Termin für die Visaantragsabgabe bei der Botschaft von Turkmenistan gebucht. Sicherheitshalber wollen wir schon eine Nacht früher da sein und besuchen zunächst die Große Sheik Zayed Moschee. Sie besitzt neben dem größten Kronleuchter, auch den größten Teppich der Welt. Was für hirnrissige Rekorde hier gejagt werden. Die Moschee ist voll mit russischen und asiatischen Touristen und der Funke will hier einfach nicht auf uns überspringen. Für uns ist dies kein Ort, wo man entspannen und sich besinnen kann. Ein Touristen-Durchschieb-Spektakel ist das, mit einem Haufen Security-Personal. Nichts für uns. Wir fahren weiter zum nächsten irrsinnigen Rekord. In Abu Dhabi steht das schiefeste Gebäude der Welt. Das Bauwerk mit dem Namen Capital Gate ist vier mal mehr geneigt als der schiefe Turm von Pisa. Als wir davor stehen bekommen wir beinahe den Mund nicht mehr zu: er ist echt verdammt schief und man denkt jeden Moment kippt er. Total schräg.

 

Da wir vor der Botschaft nicht über Nacht parken dürfen fahren wir nur wenige Meter weiter zu einer Moschee, bauen Tisch und Stühle auf und schnippeln unser Abendessen. Immer wieder kommen Emiratis und Gastarbeiter vorbei und wollen wissen, wie man denn mit einem Auto nach Abu Dhabi kommt. Die Erfahrungen, dass Emiratis sich eher hochnäsig verhalten, können wir nicht bestätigen. Viele sind neugierig und offen, sprechen sehr gutes englisch und haben oft im Ausland studiert.

Wir genießen unser Essen in den kühlen Abendstunden und legen uns mit Ohropax ins Bett. Nach einer Dusche in der Moschee am nächsten Morgen geht es zur Botschaft. Wir werden freundlich empfangen und unsere vorbereiteten Unterlagen beschleunigen deutlich den Antragsprozess. In zwei Wochen bekommen wir per Email eine Zusage oder Absage mitgeteilt. Ab jetzt heißt es bangen und Daumen drücken, denn nur 50 % der Anträge werden statt gegeben.  

 

Von anderen Reisenden haben wir erfahren, dass es in Abu Dhabi einen deutschen Bäcker geben soll. Wir finden schnell die Location und stehen bald vor Brezeln, Kuchen, Körnerbrötchen und Sauerteigbroten. Uns läuft das Wasser im Mund zusammen. Der philippinische Bäckereifachverkäufer gibt uns Auskunft über die Zusammensetzungen der verschiedenen Backwaren. Auch wenn uns Sparfüchsen manchmal nachgesagt wird, dass wir uns nichts gönnen: hier schlagen wir bei Mandarinen-Käsekuchen, Kirschtorte, Laugenbrötchen und Fitnessbrot ordentlich zu. 

Gestärkt geht die Fahrt weiter in die Wüste. Am Rande des sogenannten „Leeren Viertels“, das hauptsächlich in Saudi-Arabien liegt, wollen wir noch ein paar Tage in der Natur verbringen. Wir schaffen es nicht an einem Tag bis zur Oase Liwa zu fahren und parken bei Anbruch der Dunkelheit bei einer Kamelrennbahn – aber kein Kamel weit und breit in Sicht. Früh am nächsten Morgen: es ist kurz nach sechs und wir hören Autos hupen und rufende Menschen. Dann dämmert es uns: in der Wüste beginnt man sehr früh mit seinen außerhäuslichen Aktivitäten bevor man sich dann den ganzen Tag vor der Sonne im Haus versteckt. Das Treiben auf der Kamelrennbahn ist im vollen Gange. Wir brauchen einige Zeit, um zu Verstehen, wie das hier läuft. Hunderte einhöckrige Dromedare rennen mit einer Spitzengeschwindigkeit von bis zu 40 km/h in kleineren Gruppen die sechs Kilometer lange Strecke. Meist sind die jungen Kamele am leistungsstärksten und mit einem Roboterjockey ausgestattet, die ferngesteuerte Peitschen haben. Diese werden von ihren Besitzern, die neben der Rennbahn in ihren SUVs fahren per Knopfdruck gesteuert – dazu wird natürlich noch ordentlich gehupt. Früher wurden indische Kinder als Jockey eingesetzt. Da es aber immer wieder zu tödlichen Unfällen kam, wurden 2005 die Kinderjockeys verboten. Gut so, aber trotzdem finden wir einen Roboter auf einem Kamelbuckel als Alternative auch sehr merkwürdig.  

Wir fahren weiter. In der Oase Liwa tanken wir nochmal Diesel und unsere Trinkwasserflaschen auf. Auf einer astreinen Asphaltstraße geht es noch einmal 25 Kilometer weiter zur Moreeb-Düne. Sie ist mit fast 300 Metern eine der höchsten Dünen der Welt und beim Neujahrsfestival wird versucht diese Düne mit Spezialfahrzeugen schnellstmöglich hoch zu fahren – der Rekord liegt bei 12 Sekunden.

Die Landschaft ist atemberaubend und stellt alle Dünenlandschaften, die wir bisher gesehen haben in den Schatten. Wahnsinn. Und wir können ganz gemütlich ohne Allrad und Luft ablassen durch diese Naturschönheit cruisen.

 

Wir steuern gerade auf eine kleine Zeltstadt mit auffälligen Militärfahrzeugen, Kameraleuten und vielen indischen Gesichtern zu und erkundigen uns was hier los ist. Uns wird mitgeteilt, dass in den nächsten Tagen einige Szenen für den neuen Bollywoodfilm RACE 3 mit dem berühmtesten der indischen Schauspieler Salman Khan hier gedreht wird. Na gut – Bollywood hat uns noch nie sonderlich interessiert. Wir lassen dann doch Luft ab und fahren ein wenig durch die Dünen bis wir einen ungestörten Platz zum campieren finden. Die Landschaft ist so malerisch schön, dass wir drei Tage bleiben. In den frühen Morgenstunden wandern wir durch die Dünen, in der Mittagshitze verkriechen wir uns in den Bus und lesen, räumen auf, schlafen.

Am Nachmittag des dritten Tages wollen wir wieder Richtung Abu Dhabi fahren. Leider Fehlanzeige, denn die Straße ist nach wenigen Kilometern wegen den Dreharbeiten des Bollywoodfilms gesperrt. Erst heißt es, dass es nur kurz dauern wird. Wir warten in der Hitze und bekommen kaltes Wasser und Soft Drinks von den Crewmitgliedern durch das Fenster gereicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit tut sich was: ein Ferrari mit Kamerawagen fährt langsam an uns vorbei. Der Stuntman der Salman Khan spielt hält, unterhält sich kurz mit uns, wünscht uns eine gute Reise und düst dann davon.

 

Da es schon kurz vor Sonnenuntergang ist, drehen wir um und fahren wieder zurück zu unserem Schlafplatz der letzten Nächte. Zuvor dürfen wir uns aber noch im Kühlwagen der Zeltstadt bedienen – palettenweise Wasser und Cola wird in unseren Bus getragen.

Kaum sind wir wieder an unserem Platz angekommen, hören wir über die Dünen ein Fahrzeug kommen. Drei Emiratis fahren wie die Wilden in einen dieser Spezialfahrzeuge für die Dünen direkt auf uns zu. Sie halten und laden uns kurzerhand ein mit ihnen eine Runde über die Dünen zu drehen. Ursel ist das zu abenteuerlich, Janus steigt ein. Mit Karacho geht es in und über die Dünen. Steile Abhänge hoch und noch steilere wieder runter. Kreuz und quer. Schräg und noch schräger. Kurz vorm Überschlag. Janus schreit, jubelt, lacht, heult fast und kommt kreidebleich und mit Sturmfrisur wieder heil zurück. Ein abgefahrenes Erlebnis!

 

Am nächsten Morgen bekommen wir beim Luft aufpumpen noch einmal Besuch: der gestrige Dünenchauffeur von Janus bringt uns noch ein paar Produkte seiner Dattelplantage vorbei und der Bollywoodmanager höchstpersönlich stellt noch zwei Teller mit Früchten in unseren Bus. Total nett. Die Crewmitglieder winken uns noch nach und mit Polizeieskorte geht es am Drehort mit dunkel gekleideten Bösewichten und dem Stuntman von Salman Khan vorbei. Schon witzig, dass die uns genauso interessant finden, wie wir sie. 

Zurück in Dubai springen wir noch einmal am Al Soufah Beach ins Meer. Es ist mittlerweile Ende März und die Temperaturen sind nicht nur in der Wüste extrem hoch. Die Luftfeuchtigkeit an der Küste steigt und steigt. Tagsüber halten wir es nur schlafend im Schatten oder sitzend im Meer aus.

 

Nach einer Nacht fahren wir zurück zum Overlander-Treffpunkt am Aquarium in Sharjah. Der dortige Parkplatz liegt unweit vom Strand und ist im Privatbesitz von Sheik Butti Bin Zayed Butti Al Maktoum. Bei unserer Ankunft sind schon einige Overlander da: Miquel & Elodie mit ihren Kindern Lola & Pablo aus Frankreich (www.plemmobiles.com), Jutta & Gerd aus Deutschland (https://im-kat-zuhause.jimdo.com/) sowie Heidi & Valentin (www.climbeast.blogspot.de). Bald darauf treffen auch noch Cristian & Audrey mit ihren Kindern Lucas & Emilia (www.iranisgreat.com) ein.

 

Nachdem Miquels gebrochenes Chassis in einer Werkstatt in Sharjah repariert wurde und auch mittlerweile der Bus von Heidi & Valentin dort gecheckt wird, entschließen wir uns spontan unser Dauerproblem mit der Luft in der Dieselleitung überprüfen zu lassen.

Werkstattchef Joseph aus Südindien und seine Mechaniker lassen sich von Janus über das Problem aufklären. Alle Dichtungen, die manuelle Pumpe sowie der Dieselfilter wurden schon mehrmals vorab von Janus ausgetauscht und so steht schnell fest, dass die ganze Filtereinheit ausgetauscht werden muss. Auf dem Gebrauchtteilemarkt besorgt Joseph eine eines Toyota Landcruisers, die in unseren Bus eingebaut werden soll. Im Innenraum muss einiges umgebaut bzw. abgeflext werden, damit das Teil überhaupt rein passt. Wir sind gespannt als wir den Motor am Ende des Tages starten und das Gaspedal durchdrücken: Halleluja – die Luftblasen sind weg! Endlich nach so vielen Monaten.

Da einige Schellen, die die Mechaniker verbaut hatten nicht mehr die Neuesten waren, tauscht Janus diese noch am Folgetag aus. Nach einer 100 km Probefahrt sind wir zufrieden. Die Luft ist weiterhin weg und endlich zieht Silvester wieder.

 

Während dem iranischen Neujahrsfest ist der Fährbetrieb zwischen den Emiraten und dem Iran eingestellt. Nach zwei Wochen Pause wollen wir das erste Boot zurück nehmen. Doch leider ist dieses schon ausgebucht, so dass wir fünf weitere Tage auf die nächste Fähre warten müssen. Naja, es gibt schlimmere Orte zum Warten: der Strand ist nur zwei Minuten vom Bus entfernt, es gibt saubere Toiletten und außerdem kostenloses Wifi am Aquarium.

 

Der Besitzer des Parkplatzes, Sheik Butti, hat neben dem Parkplatz einen Social Club für die Einheimischen Emiratis gebaut. Die ehemaligen Fischer treffen sich hier jeden Abend, um gemeinsam in der benachbarten Moschee zu beten, sich über das tägliche Geschehen auszutauschen und Fußball zu schauen. Sheik Butti ist fast jeden Tag hier und erkundigten sich nicht nur nach dem Wohlbefinden der Fischer, sondern schaut auch immer wieder bei den Reisenden vorbei und fragt nach, ob alles okay ist. Trotz seines Reichtums und seiner gesellschaftlichen Position ist er uns gegenüber überhaupt nicht überheblich und setzt sich täglich zu uns auf klapprige Campingstühle und trinkt aus halb sauberen Plastikbechern. Spontan bestellt er eines Abends Essen für uns Reisende. Wir rücken zusammen an eine große Tafel und langen bei Meze (orientalische Vorspeisen), verschiedene gegrillte Fleischsorten, Salat und Fladenbrot ordentlich zu. Und wenn das nicht schon genug wäre, verspricht er zwei Tage später nochmal das Abendessen zu bringen. Natürlich kocht ein Sheik nicht das Essen, geschweige denn er bringt es. Nein, er lässt es bestellen und anliefern. Zwei Tage später warten wir alle schon gespannt und hungrig an unserer aufgebauten Tafel. Wir spitzen die Ohren, verrenken den Hals, wo bleibt den der Sheik heute Abend? Er ist doch sonst immer pünktlich auf die Minute. Irgendwann entdecken wir einen Mann mit Jogginghose und Baseballkappe in einer Ecke stehen, wie er die Gruppe beobachtet. Wir müssen drei mal hinschauen: es ist Sheik Butti! Ohne sein traditionelles weißes Gewand und sein Kopftuch hätten wir ihn beinahe nicht erkannt. Er erzählt uns, dass er gerne mal undercover unterwegs ist und so nicht von der Bevölkerung erkannt wird. Das Essen wir angeliefert und wir verbringen noch einmal einen schönen Abend zusammen.

 

Die Tage fliegen dahin und dennoch sind wir froh nach einer Woche in Sharjah zusammenpacken zu können und zum Hafen zu fahren.

 

Wir hatten eine tolle Zeit auf der arabischen Halbinsel mit tollen Erlebnissen & Begegnungen. Viele die zu Hause denken, dass die arabischen Länder gefährlich sind, sei gesagt, dass wir uns hier sicherer als in Deutschland gefühlt haben. Aufgrund der totalen Kameraüberwachung und der hohen Strafen gibt es kaum Gewaltdelikte oder Diebstähle. Oft haben wir unseren Bus nicht mal abgeschlossen und konnten ohne Bedenken auch nachts durch Großstädte laufen. Und dennoch: es ist nicht alles Gold was glänzt. Die Vereinigten Arabischen Emirate leben in einer drei Klassen Gesellschaft: die Emiratis kommen selbstverständlich an erster Stelle. Der Staat finanziert den Einheimischen nicht nur die Krankenversicherung, Strom, Wasser, usw., sondern bezahlt ihnen selbst ohne eine Arbeitsstelle ein schwindelerregendes monatliches „Taschengeld“. In der zweiten Klasse befinden sich die westlichen Ausländer, die gesellschaftlich gern gesehen sind und denen ein meist einfaches, unkompliziertes Leben ermöglicht wird. An letzter Stelle tauchen die billigen Arbeitskräfte aus Indien, Pakistan, Bangladesch und Philippinen auf. Sie leben in den kleinsten Behausungen, mieten sich oft nur ein Bett in einer Art Wohngemeinschaft, verdienen nur wenige hundert Euro und leben in einer Art Subkultur.

Die Touristen befinden sich irgendwo zwischen erster und zweiter Klasse. Der Staat möchte ihnen keinen Ärger machen. Viel zu wichtig ist das Ansehen des Landes. Ein Tourist soll eine schöne Zeit haben, dieses Gefühl mit nach Hause nehmen und es weiter erzählen. Und das tun wir hiermit.