11: Oman (4)

18.03.2018

 

Unverhofft kommt oft! Wir sind zurück im Oman.

 

Kurz vor Ausreise aus dem Oman lassen wir Silvester in einer Waschstraße vom Salz der letzten beiden Monate befreien und einen Ölwechsel vornehmen. Janus hilft wie immer mit und demontiert ein in Deutschland eingebautes Ölablassventil. Mittlerweile hat dieses Ventil Scheuerstellen, sodass er es ausbaut. Wir überqueren die Grenze in die Emirate und bald fällt uns auf, dass ein Rascheln am Motor, das uns schon seit Europa Kopfzerbrechen und Sorgen bereitet, plötzlich weg ist. Silvester schnurrt wie ein Kätzchen und selbst unter Belastung bergauf ist das Rascheln weg. Halleluja! Es muss das Ölablassventil gewesen sein. Wir sind total erleichtert und klopfen Silvester erleichtert auf die Motorhaube. Gute Karre! Aber wer weiß: wir dachten schon öfters die Ursache für das Rascheln gefunden zu haben und dann war es urplötzlich wieder da.

 

Gerade sind wir in die Emirate eingereist als wir bald darauf in die Enklave Musandam einreisen. Die Enklave liegt am nördlichen Zipfel der arabischen Halbinsel und gehört zum Sultanat Oman. Als wir an der omanischen Grenzseite stehen ärgern wir uns zunächst, dass es anstatt der billigen 10-Tagesvisa, nur noch das teure 30-Tagevisum gibt. Wir haben keine wirkliche Wahl. Ein Ausreisestempel aus dem Emiraten ist bereits in unserem Pass, wir müssen jetzt einreisen und wohl oder übel die 90 Euro Visagebühr bezahlen. Musandam ist sehr bergig und besitzt fast keine Straßen und nun könnten wir 30 Tage bleiben, obwohl alles in drei Tagen zu sehen ist. Naja, vielleicht ergibt sich ja später noch irgendeine andere Möglichkeit...

Wir planen derweil auch unsere weitere Reiseroute. Eine Verschiffung unseres Feuerwehrautos direkt nach Indien haben wir verworfen. Der Landweg wäre möglich. Dazu benötigen wir wieder ein Iran- sowie Pakistanvisum. Wir wissen, dass es das Pakistanvisum nicht auf der arabischen Halbinsel gibt und müssen unsere Pässe samt Visaantragsunterlagen nach Deutschland bekommen. Zu Hause kann dann auf dem Postweg versucht werden ein Visum zu erhalten.

 

Khasab, die Provinzhauptstadt von Musandam, ist ein verschlafenes Städtchen mit 13.000 Einwohnern und hat keine DHL-Station. Wir entschließen uns daher das Päckchen mit der omanischen Expresspost zu verschicken, die wegen Wochenende allerdings die nächsten drei Tage geschlossen hat. Kein Problem, dann warten wir halt.

 

Bei Örtchen Bukha beobachten wir Fischer, wie sie mit drei Booten ein großes Netz einholen. Erfreut schauen wir zu als die Fischer ihr Netz von verschiedenen Rochenarten befreien und diese zurück ins Meer zerren und nur die Fische in ihre Körbe werfen. Neben zahlreichen Einheimischen, die auf ihren Fisch warten, sind auch zwei Schweizer Touristen da. Wir unterhalten uns kurz und erfahren, dass sie selbst vor ein paar Jahren 40 Monate mit einem 4x4 Camper um die Welt gereist sind. Sie sind nun am Ende ihres 6-wöchigen Rucksacktrips durch den Oman und nehmen in ein paar Tagen das Boot zurück in die Hauptstadt, von wo sie wieder nach Hause fliegen. Wir verabschieden uns und fahren weiter in eine einsame Bucht.

 

Wir überlegen noch einmal hin und her, wie unsere Reiseroute weiter verlaufen soll, wälzen Reiseführer, schauen über die Landkarte und entschließen uns auf der ursprünglich geplanten Strecke zu bleiben. Zentralasien - wir kommen. Die ausgefüllten Anträge für ein Pakistanvisum können wir trotzdem nach Hause schicken für den Fall, dass wir kein Transit-Visum für Turkmenistan bekommen sollten bzw. wollen wir im Spätsommer von China kommend nach Pakistan einreisen. Und da kommt uns die Idee: die zwei Schweizer fliegen doch in ein paar Tagen nach Europa und vielleicht finden wir die beiden am Hafen und können ihnen unser Kuvert mitgeben. Wir haben zwar weder Namen noch eine Adresse ihres Hotels, aber versuchen kann man es ja mal. Also auf zum Hafen von Khasab.

 

Die Angestellte am Schalter der Fährgesellschaft versteht erst beim zweiten Erklärungsversuch was wir wollen. Gut, dass Datenschutz im Oman noch klein geschrieben wird und so erhalten wir kurz darauf nicht nur Name, Geburtsdatum und Passnummer, sondern auch den Namen ihres Hotels. Nebenbei bekommen wir die Info, dass auch Autos an Bord der Fähre genommen werden und man zum Mainland des Omans zurückfahren kann. Das ist mal eine gute Neuigkeit – aber mehr dazu später. Wir fahren erst mal weiter zum Hotel der Schweizer. Dort warten wir in der Lobby auf die kurze Zeit später vorbeilaufenden und sichtlich überraschten Schweizer. Und natürlich: wer könnten so ein Anliegen besser verstehen, als jemand der selbst mal um die Welt gereist ist und weiß wie kompliziert das manchmal mit den Visa ist. Sie nehmen unseren Umschlag an sich, bevor wir noch ein paar Stunden bei Tee & Kaffee unsere Reisegeschichten teilen. Zuversichtlich fahren wir weiter. Vielen Dank nochmal, Romy & Peter!

 

Währenddessen haben wir eine Email von Ute & Holger, mit denen wir vor zwei Wochen im Wadi Bani Awf standen erhalten. Sie stehen nur wenige Kilometer weg von uns mit Jupp & Doro, die wir bereits aus dem Südoman kennen, an einem Strand. Wir fahren für ein kurzes Hallo vorbei und bleiben dann doch fünf Tage. Als wir den Vieren von unseren Schweizer Passkurieren berichten, staunen wir nicht schlecht: Ute & Holger haben die beiden vor vier Wochen 700 Kilometer weiter südlich in einem Wadi kennen gelernt und auch Doro & Jupp sind den beiden vor Jahren mal in Argentinien begegnet. Die Welt ist ein Dorf!


Holger hat am Morgen zuvor bei der Suche nach Trinkwasser die Holländerin Sandra, die seit neun Jahren in Khasab lebt und lange Zeit als Tauchguide gearbeitet hat, kennen gelernt. Sie kommt am Abend in unser Camp und berichtet von ihrem Leben als Ausländerin im Oman.

 

Am nächsten Tag bringt sie uns eine ihrer Gasflaschen mit, die wir in einer nicht TÜV-abgenommenen Weise in unsere Flasche umfüllen. Ihre Flasche stellen wir verkeilt zwischen Jupps Ersatzreifen auf den Kopf, schließen einen Gasschlauch mit omanischen und deutschen Adapter darauf und befüllen unsere tiefer hängende Flasche. Da wir kein Entlüftungsventil an der Flasche haben, müssen wir zwischendurch, die Flasche abklemmen und ein paar Meter entfernt entlüften. Seit Wochen schleppen wir unsere leere Gasflasche nun von Gasauffüllstation zu Gasauffüllstation. Keiner wollte sie uns befüllen. Ist wohl doch zu riskant. Zufrieden verstauen wir unsere Zweitflasche wieder im Schrank.


Sandra hat sich Zeit für uns genommen und fährt uns mit ihrem Auto durch die Enklave. Die Sehenswürdigkeiten Musandams sind begrenzt und wir finden vor allem Gefallen an der Ursprünglichkeit und Einfachheit der Gegend. Sandra füttert uns außerdem mit Insiderwissen und klärt uns unter anderem über die iranischen Schmuggler auf, die seit fast 40 Jahren allerlei Waren, vor allem Ziegen, auf die arabische Halbinsel bringen. In kleinen Booten bringen sie die Waren durch die ca. 60 km breite Straße von Hormuz, für die sie ungefähr zwei Stunden benötigen. Selbst bei starkem Wind und Sturm fahren die sehr jungen wagemutigen Männer, die oft aus bitterarmen Verhältnissen stammen. Auf dem Rückweg nehmen sie vor allem Elektronikgeräte und andere Waren mit, die es im Iran nicht zu kaufen gibt. Sie fahren früh morgens und spät abends in großen Konvois, um im Falle eines Aufschnappens durch die iranische Küstenwache die Chance zu haben zu entkommen. Sandra erzählt uns, dass fast das gesamte Städtchen von dem halb-legalen Handel lebt. Die omanische Regierung duldet dieses Vorgehen und hat sogar eine überdachte Halle für die Unterstellung der Waren gebaut.

 

Wir sind total froh Sandra getroffen zu haben und somit an einen intensiveren Einblick in das Leben im Oman zu erhalten. Als sie uns zu einem Kaffee & einer Dusche in ihr Haus einlädt, laden wir sie im Gegenzug zum Abendessen ein. Und so kochen wir für alle am Abend was wir am Besten können: nämlich indisch.

Am nächsten Tag nehmen wir Abschied von Ute & Holger sowie Doro & Jupp, die sich nun auf dem Heimweg nach Deutschland befinden. Danke für die tollen Tage mit Euch. Gute Heimreise!

 

Wir erkunden nun zu zweit die Enklave. Besuchen ein Fjord, einen Akazienwald und fahren nochmal zurück nach Khasab, um unser Fährticket zu buchen. Derweil steht ein riesiges Kreuzfahrtschiff im Hafen und die Gäste überfluten das beschauliche Städtchen. Mit Bikini wird am Strand gebadet, mit Spaghettiträger-Shirt eingekauft und mit kurzen Hosen das Fort besichtigt. Wir können kaum hinsehen, wie vor allem den jungen Omanis fast die Augen aus dem Kopf fallen. Man stelle sich mal vor so ein Kreuzfahrtschiff würde in Heiligenstein ankern und die Straßen wären mit FKK-Touristen voll. Das wollen wir doch auch nicht. Und dennoch: unter den zahlreichen Touristen ist auch ein Speyrer dabei, der unser Nummernschild sofort erkannt hat.

 

Wir verbringen zwei weitere Tage in einer einsamen Bucht, gehen schnorcheln, machen Yoga und beobachten von den Klippen die iranischen Schmuggler. Zurück in Khasab werden wir noch einmal zu Sandra eingeladen, dürfen nicht nur duschen, sondern auch die Wundermaschine Waschmaschine benutzen. Toll, diese Erfindungen, die das Leben einfacher machen. In sechs Monaten war das nun unsere Waschmaschine

Nummer 3.

 

Am nächsten Tag nehmen wir Abschied von Sandra, Khasab und Musandam. Zwölf schöne Tage liegen hinter uns. Die kleine Enklave haben wir ins Herz geschlossen und uns fast schon heimisch gefühlt. 

Die Schnellfähre bringt uns in rasanter Geschwindigkeit zurück zum Mainland vom Oman. Vom Städtchen Shinas geht es auf direktem Weg auf guter zweispuriger Straße zurück in die Hauptstadt Muscat. Am nächsten Tag betreten wir das iranische Konsulat (Ursel mit Kopftuch) und beantragen ein 60 Tage Visum. Am nächsten Tag sollen wir wieder kommen. Nur einen Steinwurf vom Botschaftsviertel entfernt finden wir einen angenehmen Stellplatz für die Nacht am Strand zwischen Hotels. Wir nutzen die Wartezeit bis zum nächsten Morgen damit nochmal zu shoppen und Vorbereitungen für die weitere Reiseroute zu tätigen.

Als wir am Morgen aus dem Bus steigen, wartet eine Überraschung auf uns: Plattfuß Nummer 1. Schnell haben wir den Ersatzreifen montiert und fahren zurück ins Botschaftsviertel, um unseren Pass abzuholen. Alles paletti – 60 Tage genehmigt.

 

Wir haben noch zwei Wochen Visa für den Oman und wollen die Tage noch ein letztes Mal am Meer verbringen. Die nächsten Monate gibt es nicht viel zum baden und schnorcheln, so dass wir es noch einmal richtig genießen abzutauchen. Beim Örtchen Al Sifah erkunden wir zu Fuß und zu Flosse die versteckten Buchten und Janus holt noch einmal ein paar Fische mit der Harpune aus dem Meer. Bald kennen uns die örtlichen Harpunierer und wollen immer ihren Fang mit dem von uns vergleichen. Klar liegen sie vorn: mit Boot, richtiger Harpune und mehreren Leuten.

 

Als wir einen ca. 50 cm großen Tintenfisch entdecken ist diesmal Ursel an der Reihe. So ein großes Exemplar hatten wir bisher noch nicht gesichtet. Ursel taucht ab und langsam von hinten auf den Fisch zu, um dann mit einem Stoß das Tier aufzuspießen. Es wehrt sich gewaltig und versprüht ordentlich Tinte. Damit der Tintenfisch nicht abhauen kann, drückt sie ihn an einen Felsen. Bald sind wir in eine schwarze Tintenbrühe gehüllt und können kaum noch die Hand vor Augen sehen. Die halbe Bucht ist schwarz gefärbt. Janus ist stolz auf seine Schülerin und am Abend gibt es Pasta mit mediterranen Tintenfisch.

 

Beim Schnorcheln entdecken wir außerdem einen riesigen Kofferfisch, der verängstigt aus seiner Hölle schaut. Sein Kopf ist fast so groß wie der eines Menschen und er ähnelt irgendwie E.T. Wir paddeln weiter und werden plötzlich in eine dunkle Unterwassserwolke getaucht – ein Schwarm von Tausenden Sardellen. Wir fühlen uns pudelwohl, erfreuen uns mit steigender Außentemperatur an einer besseren Unterwassersicht und gehen daher täglich für mehrere Stunden ins Wasser.

Unsere kleine Fischfangbilanz im Oman: harpunierte Fische: 38, Tintenfische: 8, Langusten: 17 – der Fischbedarf für 2018 ist bereits jetzt gedeckt.

 

Wir bleiben ein paar Nächte in Al Sifah und organisieren unter anderem unsere Chinadurchfahrt, die bereits Monate vorher zugesagt werden muss. Da eine eigenständige Fahrt in China nicht erlaubt ist, muss ein Tourguide beauftragt werden. Für eine Durchquerung von Kirgisistan nach Pakistan kann das für einen einzelnen Reisenden schon mal 3000 Euro kosten. Daher macht es Sinn sich mit anderen Reisenden zusammen zu schließen und sich den Guide zu teilen. Über ein Reiseforum haben wir eine Motorradgruppe gefunden, denen wir uns Anfang September für die Durchquerung anschließen dürfen. Jetzt brauchen wir nur ein paar Visas, um überhaupt in Kirgisistan anzukommen. Dies wollen wir in Dubai und Teheran erledigen.

 

Es ist Freitag, Wochenende, am Strand von Al Sifah und wir machen uns auf einen lauten Tag gefasst. Die Omanis, europäischen Expads und südasiatischen Gastarbeiter nutzen diesen Tag, um sich mit Freunden oder Familie zum Picknick zu treffen. Während wir die letzten Tage den Strand immer nur mit ein paar Autos teilen mussten, geht heute die Post ab. Bestimmt 100 Autos kommen an und auf den Strand gefahren, obwohl dies eigentlich untersagt ist. Zelte, Pavillions und Pop-Up-Zelte werden aufgebaut, gegrillt, die Musik aufgedreht und zum Teil getrunken. Wir beobachten das Treiben und uns gefällt wie viele Nationen hier friedlich zusammen leben.

 

Wir machen uns wieder auf den Rückweg aus der „Sackgasse“ Al Sifah und fahren mit fast leerem Tank Richtung Muscat. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass es unterwegs keinen Diesel mehr gibt. Die nächste Tankstelle ist eigentlich nur 45 Kilometer entfernt, jedoch ist es sehr bergig und steil und wir hoffen, dass unser Bus das packen wird. Wir versuchen zunächst noch ein paar Einheimische nach Diesel in den Ortschaften zu fragen. Da aber fast alle Autos im Oman mit Benzin laufen, kann uns leider niemand helfen. Also versuchen wir es. Die Fahrt durch die Berge ist total idyllisch: Ziegen springen über die Straße, die Häuser kleben zwischen den schroffen Felsen, Kinder winken uns zu und Männer zeigen uns den erhobenen Daumen. Nach 25 Kilometer beginnt Silvester zu ruckeln. Der Tank ist durch die Bergauffahrten so in Schräglage, dass er Luft angesaugt hat. Wir ruckeln nach oben, bergab dann im Leerlauf. Die Kilometer schmelzen auf dem Navi nur ganz langsam dahin. Eine letzte Steigung vier Kilometer vor der ersehnten Tankstelle geht Silvester nach erneutem Ruckeln einfach aus. Verdammt. Und nun? Wir versuchen es noch einmal und fahren im ersten Gang und Schneckentempo mit Warnlichtern die Steigung hoch. Geschafft! Unten sehen wir schon die Tankstelle und versprechen Silvester, dass wir in Zukunft besser auf ihn aufpassen werden.

 

In Muscat lassen wir unseren Reifen flicken, geben unser letztes Geld für Käse, Oliven und andere Leckereien aus, die in den Emiraten teurer sind und machen uns auf zu Grenze. Diesmal aber wirklich: Bye Bye Oman!