9: Oman (2)

07.02.2017

 

Vom Fährhafen in Shanna geht es auf direktem Weg zum 100 km entfernten Strand von Al Khalaf, wo bereits Heidi & Valentin auf uns warten. Gemeinsam wollen wir am folgenden Tag auf die offroad-Tour zu den sogenannten Sugar Dunes starten. Nachdem wir am Abend uns ein gegenseitiges Update über die Erlebnisse der vergangenen drei Wochen, in denen wir getrennt gereist sind, gaben, geht es am nächsten Morgen los. Da gerade Ebbe ist, können wir direkt am Strand auf relativ hartem Untergrund fahren und kommen daher zügig voran. Ab und zu durchqueren wir einige niedrige Dünenfelder bis wir von weitem schon die Sugar Dunes aufragen sehen. Sie machten ihren Namen alle Ehren, indem sie wirklich fast weiß wie Zucker sind. Bei einigen Dünen, die bis ans Meer ragen, schlagen wir unser Camp für die Nacht auf. Das Licht in den Dünen ist vor allem am Abend und am frühen Morgen wunderschön und der Blick von den Dünen auf das Meer einfach bezaubernd.

Bei einem wirklich tollen Camp darf das Lagerfeuer natürlich nicht fehlen und so machen wir uns auf nach Feuerholz zu suchen. Nicht so einfach in einer so gut wie kaum bewachsenen Dünenlandschaft. Einen guten Kilometer später werden wir fündig und zerren zu viert das Brennholz über den Strand in unser Lager. Und es hat sich mal wieder wirklich gelohnt. Wir lieben es trotz anschließendem Räuchergestank am Abend am Feuer zu sitzen und zu quatschen oder einfach nur in die Flammen zu schauen. Manchmal ein Blick nach oben zu den funkelnden Sternen – einfach Klasse. Und wie so oft: the best things in life are free!

Um schöne Stellplätze zum Nächtigen zu finden nutzen wir seit dem südlichen Iran die App iOverlander. In ca. 200 km Entfernung soll es an einem tollen Strand mit dahinter gelegener Lagunen mit Flamingos zum Nächtigen geben. Der Platz „3 Palms Lagoon“ ist dann tatsächlich ein super Tipp. Mit Allrad, Schaufel und Sandblechen kämpfen wir uns über den weichen Sand bis zum Strand vor. Ein ewig langer Sandstrand mit klarem türkisgrünem Wasser, eine tiefblaue Lagune mit Mangroven und zahlreichen Vögeln dahinter. 30 Meter im Wasser dann das Highlight für uns: ein Wrack. Wir hatten noch nie in einem Wrack getaucht bzw. geschnorchelt und so war das Ganze schon ein wenig aufregend für uns. Während im sandigen Wasser kaum Fische vorzufinden sind, wimmelte es an dem ca. 20 Meter langen Wrack nur so von Fischen und Langusten. Gleich beim ersten Schnorchelgang macht Janus kurzen Prozess mit einem großem Tintenfischexemplar. Da seine Harpune mittlerweile stumpf ist, zieht er kurzerhand das Küchenmesser unterm Neoprenanzug hervor. Und Zack. Das Abendessen ist somit gesichert. Die Säuberung und Ausnahme des Tintenfisch ist dann eine eher schmutzige Angelegenheit. Wegen der ganzen Tinte.

 

Wir sind fast immer allein an unserem Strand. Nur am Abend kommen ab und zu Einheimische vorbei, die sich neugierig für uns interessieren und sich zu uns gesellen. Was uns im Oman bereits aufgefallen ist und nun auch hier am Strand vollzogen wird: die Omanis sind tiefgläubig und beten wirklich immer fünf mal am Tag. So auch direkt vor unserem Bus, nachdem sie sich nach einem Becher Wasser von uns gereinigt hatten.

 

An einem Abend steht ein Omani mit seinem Falkenjungen vor uns. Er ist mit seinen Freunden hier, um Ausschau nach Falken zu machen, die sie einfangen und trainieren könnten. Wir sind dann aber doch interessanter als die Falkenjagd, daher bleibt der Abend ohne Jagderfolg und sie fahren bei Dunkelheit wieder ab.  

Zu viert fahren wir immer weiter Richtung Süden. Teilweise ist die Strecke sehr eintönig. Über 350 km passiert einfach nichts. Steppe, flaches Land, ab und zu ein Grasbüschel oder ein karges Bäumchen. Und hunderte von Kamelen, die unseren Weg kreuzen. Nein, eigentlich kreuzen wir ja ihren Weg, denn der Mensch legt Asphaltstraßen an, die ihre seit eh und je verwendeten Pfade kreuzen. Und dann hupen Autos wie wild, um sich ihren Weg durch eine Herde zu bahnen oder ein einzelnes Tier von der Straße zu verjagen. Schon komisch diese Welt.

 

Einen Abstecher unternehmen wir dann in unsere erstes Wadi. Ein Wadi ist ein ausgetrocknetes Flußbett, dass sich meist durch eine Art Canyon schlängelt. Ab und zu gibt es Oasen mit Dattelpalmen und kleinen Pools. Das Wadi Shuwaymiyyah ist den Abstecher von der Hauptstraße wert und wirklich super cool. Die Felsformationen sind wunderschön und nach ca. 10 km erreichen wir einen Süßwasserpool mit Palmen. Das Wasser tröpfelt in einem kleinen Wasserfall in den Pool und man kann sogar unter den „Wasserfall“ laufen. Während die drei Weicheier sich nicht ins Wasser trauen, kann Ursel der Erfrischung nicht widerstehen und springt samt Klamotten in das kühle Nass. Mit noch nassen Klamotten geht es dann zurück zum Auto und wir setzen unsere Fahrt bis ans Ende des Wadis fort. In der Nacht werden wir kräftig von Sturmböen durchgeschüttelt, sodass wir alle vier am nächsten Morgen ziemlich zerknittert aus unsern Bussen steigen. Die Landschaft ändert sich nach dem Wadi und soll eine der bisher schönsten Strecken auf unserer Reise werden. Die Straße schlängelte sich an den Klippen entlang, vorbei an einsamen Buchten, schönen Oasen und Lagunen. Von den Klippen genießen wir immer wieder die tollen Ausblicke in Canyons und halten daher einfach mehrmals an, um diese wunderschöne Natur zu bestaunen.

 

An einem Strand entdeckten wir dann zwei Fahrzeuge mit deutschem Kennzeichen. Wir stoppen und halten für einen kurzen Schwatz. Cristian & Audrey mit ihren beiden Kindern kannten wir bereits aus dem Internet (www.iranisgreat.com – die Seite ist leider aufgrund von zahlreichen behördlichen Problemen nicht mehr aktuell) und sie folgen uns kurze Zeit später in eine wenige Kilometer weiter liegende Bucht. Ihre Geschichten sind einfach der Hammer. Sie leben seit vielen Jahren mit ihren Kindern in einem ehemaligen UPS-Transporter und reisen vor allem in und um den Iran, in dem sie 2013 ausgeraubt wurden. Durch die anschließende grenzenlose Hilfsbereitschaft der Iraner entschieden sie sich, ihre Reise unter dem Motto „Iran is great“ weiterzuführen. Was im Iran viele Anhänger gefunden hat, wurde in manch anderen Ländern zu einem Problem (London: Straße wurde aufgrund von Terrorverdacht abgesperrt und ein Sonderkommando stürmte den Transporter – während die Familie in aller Seelenruhe im Museum unterwegs war; Vereinigte Arabische Emirate: fanden den riesigen Aufdruck auf dem Auto nicht so toll und sie mussten den weißen Schriftzug entfernen – Resultat: man kann immer noch Iran is great lesen...) Wir hätten Cristian noch tagelang zuhören können. Zu spannend waren seine Geschichten. Auch die Kinder zu beobachten, wie sie ohne Schulbesuch trotzdem ein sagenhaftes Allroundwissen besitzen und außerdem vier Sprachen fließend sprechen. Da soll nochmal einer sagen, man lernt nur in der Schule. Wir verabschieden uns herzlich und fahren weiter Richtung Salalah, der zweitgrößten Stadt im Oman, während Cristian mit seiner Familie die Buchten abklappert, um seinen im Sturm davon gerissenen aufblasbaren Katamaran zu suchen...

Salalah empfängt uns mit hunderten von wiegenden Kokospalmen. Ein wunderschönes Bild, wenn man in die Stadt einfährt. Die Stadt ist unglaublich grün. Es gibt mitten in der Stadt immer wieder Bananen-, Kokusnuss- und Papayaplantagen. In vorgelagerten Ständen kann man die Früchte erntefrisch kaufen.

Unser zweites Highlight nach den Palmen ist ein Hypermarket. Seit Dubai waren wir nur noch in kleinen Geschäften einkaufen und wie zwei Kinder im Spieleparadies wandern wir zwischen all den proppevollen Regalen hindurch. Mehrere Stunden verbringen wir mit dem Begutachten der fremden Lebensmittel. Wir lieben es im Ausland in den Supermarkt zu gehen. Auch wenn es viele westliche Produkte auf der arabischen Halbinsel gibt, kommen auch viele Waren aus anderen asiatischen Ländern wie Indien, Pakistan oder den Philippinen vor.

In Salalah nächtigen wir bei Kokospalmen direkt neben dem fünf Sterne Hotel Crown Plaza – ein Hotel was wir uns nie leisten wollen würden – zu fremd ist uns diese schicki-micki Welt. Da bleiben wir lieber in unserem Bus mit muffeliger Bettwäsche. Ja wir sind raus aus der Komfortzone.

 

Am nächsten Tag müssen wir uns um unsere Visaverlängerung kümmern. Im Polizeihauptquartier der Region gibt es eine Immigrationabteilung, die für unsere Verlängerung zuständig ist. Im Oman sind 45 % Ausländer, die ständig ihre Arbeits- bzw. Aufenthaltserlaubnis verlängern müssen. Wir sind also nicht wie erwartet allein im Immigration Office, sondern hier ist ein wahres Gewusel an fremden Nationen. Inder, Pakistaner, Afrikaner und wir mittendrin. Die Schilder sind alle auf arabisch, sodass wir nicht umher kommen, die Leute nach dem wie und wo zu fragen. Wir werden mal hier hingeschickt, dann da rein, jetzt hier anstellen und dann da rüber. Wir machen alles brav mit und erhalten nach einer Stunde unsere weiteren 30 Tage im Oman.  

Wir verlassen recht zügig wieder die Großstadt und fahren weiter Richtung jemenitischer Grenze. Die Landschaft ist hier einfach richtig toll. Klippen, tolle saubere Strände, glasklares Wasser und kaum besiedelt. Nach einem kurzen Zwischenstopp bei den Blow Holes (das sind Löcher in den Klippen durch die bei einer Welle das Wasser nach oben spritzt – bei unserem Besuch waren das allerdings aufgrund ruhiger See nur kleine Blows) und der Höhle beim Örtchen Mughsail. Die Straße führt weiter uns in endlosen Serpentinen weiter bis zum Abzweig zur unbewohnten Bucht von Fizayah. Nach 10 km auf unbefestigter und teilweiser sehr steiler Straße erreichen wir die erste der vielen Buchten und werden mit ein paar herumspringenden Delfinen begrüßt. Nach kurzer Überlegung halten wir, ziehen uns schnell um und versuchen mit den Delfinen zu schwimmen. Kaum mit dem Kopf unter Wasser hören wir die typischen Fiebs- und Pfeifgeräusche der Delfine und sehen sie wenige Meter neben uns herausspringen. Allerdings ist die Sicht so schlecht, dass wir sie nicht sehen können. Naja, vielleicht das nächste Mal.

 

Ein paar Buchten weiter richten wir uns für die kommenden Tage ein. Spannen unser Sonnensegel, bauen Tisch und Stühle auf. Außer ca. 100 Kamelen mit ihren Kameltreiber und ein paar Fischermännern gibt es hier nichts. Tagsüber kommen ab und zu ein paar Touristengruppen vorbei, die baden und dann wieder zurück zu ihrer Hotelanlage in Salalah kutschiert werden. Ansonsten gehört die 700 m lange Bucht uns. Wir gehen sehr viel schnorcheln und entdecken neben intakten Korallen auch zahlreiche Schildkröten, viele Papageifische, Kofferfische und Blaupunktrochen. Janus bastelt sich aus dem Rest seiner alten Harpune, von der nur noch der Stab übrig ist, eine neue Harpune. Für die Spitze wird ein alter Hering bearbeitet und am Ende der Stange wird ein Gummizug, den wir noch im Bus hatten, verbaut. So fängt er uns mal wieder einige Fische und Langusten. Bei einem Schnorchelausflug werden wir von einem Fischer vom Felsen aus beobachtet. Wir kennen ihn schon, da er jeden Tag kurz bei uns vorbei schaut, und winken ihm zu. Als wir mit einer Languste aus dem Wasser kommen, klärt er uns auf, dass Langusten im Oman nur mit der Hand gefangen werden dürfen und nicht so wie wir, mit einem Messer bzw. Harpune. Ein Omani kann dafür im Gefängnis landen, aber wir Touristen müssten nichts befürchten. Dennoch verpacken wir die Languste in unserem Neoprenanzug, um die picknickenden Omanis nicht aufmerksam zu machen. Das Beweismaterial wird nach Ankunft in unserem Camp sofort verzehrt.

 

Ein paar Tage teilen wir uns die Bucht mit Heidi & Valentin sowie Doro & Jupp, die seit 13 Jahren mit ihrem Mercedes Rundhauber durch die Welt fahren (monster-worldtour.de).

Bei den Kamelen in unserer Bucht handelt es sich hauptsächlich um Weibchen mit ihren Jungen. Bei den meisten der Weibchen ist der Euter jedoch abgebunden, sodass die Jungen sich eine milchgebende Kameldame teilen. Die Kamelweibchen mit abgebundenen Euter werden dann am Abend gemolken, damit die Mich verkauft werden kann. Nach dem Melken dürfen die Kamele wieder raus aus dem „Lager“ und sich für die Nacht irgendwo hinlegen. Oft nicht weit von unserem Bus entfernt.

 

In der Bucht gibt es kein Trinkwasser und nur ein kleiner Tank ist für die Fischermänner vorhanden, an dem wir uns natürlich nicht bedienen. So verlassen wir diese wunderschöne Bucht nach zehn Tagen, da unser Wasser aufgebraucht ist. 140 Liter haben wir in 10 Tagen für zum trinken, kochen, waschen und duschen gebraucht. Eigentlich das was wir zu Hause in einem Tag brauchen. Da sieht man mal wie sorgsam man mit dem kostbaren Wasser umgehen kann.  

Da Janus sich den Fuß verstaucht hat und wir einen Berg Wäsche abarbeiten müssen bleiben wir noch zwei weitere Tage am Strand von Mughsail. Spontan kommen uns Sabine & Uwe besuchen, die wir das erste Mal in Yazd (Iran) getroffen haben und uns dann auf dem Traveler Festival in Dubai begegnet sind. Reisebekanntschaften sind etwas wunderbares. Man kann sich oft auf deutsch unterhalten, muss sich nicht mehr erklären woher man kommt und wie unsere Welt aussieht. Wir sitzen bis zum späten Abend vor unserem Bus, essen Spaghetti und quatschen. War schön Euch wieder getroffen zu haben! Viel Glück in Afrika! (www.followthebluesky.de)

 

Zurück in Salalah gehen wir noch einmal unsere Vorräte auffüllen, genießen zum ersten Mal auf der Reise unsere Hängematte zwischen den Palmen am Strand und machen uns wieder auf den Weg Richtung Norden.  


Und zum Abschluss gibt es noch ein kleines Spurenrätsel - zu welchem Tier gehören diese Fußspuren. Die ersten drei mit den meisten richtigen Tieren erhalten eine Postkarte aus dem Oman.

Antworten an: ursel@asienreisende.de . Viel Spaß!

 

Die Lösung gibt es dann im nächsten Reisebericht.