13.12.2017
Nur ungern verlassen wir nach einigen erholsamen Tagen die geruhsame Stadt Yazd. Dort hatten wir uns zum ersten Mal im Iran so richtig wohl und heimelig gefühlt. Das hing zum Einen an dem super Deal mit dem Betreiber des Silk Road Hotels, der uns die Gemeinschaftsdusche / WC, das Internet und Tee kostenlos zur Verfügung stellte. Im Gegenzug dazu mussten wir das günstige und leckere Frühstücksbuffet für 2 Euro pro Person bei ihm in Anspruch nehmen. Zum Anderen ist die Stadt sehr überschaubar und wir kannten bald alle für uns wichtigen Spots wie Bäcker, Supermarkt, Geldwechsler und Apotheker. Außerdem trafen wir hier immer wieder auf andere Reisende und man war in der Stadt nicht ganz so exotisch als Westler.
Dennoch muss man irgendwann einmal weiter und so fahren wir gemeinsam mit Heidi & Valentin in südliche Richtung. Die beiden passionierten Kletterer wollen in der Nähe der Stadt Taft, bevor wir gemeinsam in die Wüste aufbrechen, noch ein paar Felswände erklimmen. Und so kommt es, dass auch Janus sich an seine erste Felswand herantraut und ihm sofort ein Durchstieg gelingt. Mit schlotternden Knien lässt er sich danach von Valentin abseilen und erntet einige Schulterklopfer. Es scheint wohl ein Klettertalent in ihm zu schlummern...
Am darauffolgenden Tag überlassen wir die steilen Wände den beiden und machen uns zu Fuß auf den daneben liegenden Canyon zu durchlaufen. Bei unserer Tageswanderung treffen wir nicht auf einen Einheimischen, statt dessen auf zwei Steinbockherden. Mühelos springen sie steile Abhänge herunter und rutschen dabei kein bißchen aus. Auch wir müssen uns nach dem Erklimmen der Canyonwand an einer anderen Stelle wieder nach unten wagen. Runter geht es meist oft schwieriger und so klettern und schlittern wir einen Abhang herunter, der dann von unten als eigentlich nicht passierbar aussieht. Heilfroh, dass wir dies ohne Absturz gemeistert haben, geht es am nächsten Tag weiter in Richtung der Wüste Lut.
Da die Entfernung uns für eine Tagesetappe zu groß erscheint, legen wir eine Zwischenstation zum Nächtigen am Stadtpark von Rafsanjan ein. Gerade als wir uns eingerichtet haben und die tropfnasse Wäsche auf der Leine hängt, klopft die Polizei an der Bustür. Natürlich können die Beamten nur drei Wörter englisch, reichen aber dann ihr Telefon mit einem englisch sprechenden Beamten an Valentin weiter. Der gibt weiter, dass es hier nicht erlaubt ist zu übernachten. Mal wieder ist hier irgendwas gefährlich. Wir weigern uns und bleiben standhaft und siehe da, wir haben Erfolg und die Polizisten dampfen zufrieden nach ein paar Selfies wieder ab. Am nächsten Tag erreichen wir die Stadt Kerman, wo wir uns vor einer mehrtägigen Wüstenfahrt mit Geld und Lebensmittel eindecken. In einem Obstladen erkundige sich Janus nach der Möglichkeit Joghurt zu kaufen und sogleich kommt eine Iranerin auf uns zu und zeigt auf ein Geschäft am Ende der Straße. Wir haben gerade das Obst im Bus verstaut als sie mit einem 1 kg Eimer Joghurt vor uns steht. Im besten englisch überreicht sie diesen und weigert sich dafür Geld anzunehmen. Da wir aber auf der Rückbank ihres Autos eine Horde Kinder entdecken, kommt dies für uns nicht in die Tüte und wir beharren darauf den Joghurt zu bezahlen. Nach eindringlicher Ablehnung stimmt sie zu und nimmt den umgerechnet 1 Euro an. Während unserer dritten Durchfahrt durch den Iran stellen wir fest, dass viele Iraner zwar einem etwas schenken wollen, aber viele es sich eigentlich gar nicht leisten können. Sie müssen aufgrund ihrer religiösen und kulturellen Gegebenheiten dem Fremden durch ein Geschenk oder einen Gefallen helfen. Was der Tourist oft nicht weiß, ist, dass man dies mindestens dreimal ablehnen muss. Wer zum vierten Mal etwas angeboten bekommt, weiß dann, dass dies ernst gemeint ist und man es annehmen darf. Auf der letzten Reise waren wir manchmal ahnungslos und haben uns nach einmaligen Ablehnen gefreut eingeladen zu werden ohne daran zu denken, dass dies vielleicht gar nicht ernst gemeint war.
In der Wüste Lut, wo wir bereits 2010 waren, befinden sich die sogenannten Kaluts. Diese Felsformationen, die auch Yardangs genannt werden, bestehen nur aus Sand, Kies und Lehm und sind eine Touristenattraktion. Dieses Mal wollen wir eine mehrtägige Wüstendurchfahrt wagen und nicht nur wie das letzte Mal auf der Asphaltstraße bleiben. Mit den Koordinaten von anderen deutschen Reisenden, die man kostenlos im Internet herunterladen kann, machen wir uns auf den Weg. Die Fahrt bis zum Einstieg ist bereits toll. Wir kommen von Kerman, über einen 2600 m Pass gefahren, wo bereits Schnee liegt, herunter auf 250 Höhenmeter und haben seit Wochen endlich mal wieder einen lauen Sommerabend. Die Wüste Lut ist eine der heißesten Orte der Welt, bei der an einem Tag im Hochsommer eine Temperatur von 72 Grad gemessen wurde - das ist Weltrekord. Ende November haben wir angenehme 25 Grad und ca. 8 Grad in der Nacht.
Nach dem Abzweig in die Wüste auf eine sandige Piste wird die Landschaft Kilometer für Kilometer immer eintöniger. Nach 30 km erreichen wir ein Plateau und halten zum ersten Mal für Fotos an. Die weiteren 20 km entlang des Plateaus sind für uns leider sehr enttäuschend und so entscheiden wir vier uns dazu am nächsten Tag wieder zurück zu fahren und dem Track nicht weiter zu folgen. In den zuvor durchquerten Gebieten finden wir interessantere Formationen der Yardangs und genießen das Naturschauspiel auch ohne große Wüstendurchquerung. Nach zwei weiteren Tagen geht es für uns zurück nach Kerman, wo wir eine Nacht im Hinterhof eines Hotels übernachten können. Als wir am nächsten Morgen gerade beim Frühstück sitzen, überrascht uns eine Gruppe Kinder mit ihren Erzieherinnen. Sie wollen mal in unsere Busse schauen und schwups wird ein Kind nach dem anderen erst in den einen, dann in den anderen Bus gehievt. An ihren Gesichtern erkennen wir, dass sie gar nicht wirklich verstehen können, dass wir hier leben. Nach einem Gruppenfoto und fröhlichen Bye Byes geht es für uns dann aber ans zusammenpacken und an die Weiterfahrt.
Da für uns die Märkte einer Stadt oft das spannendste in einem Land sind, wollen wir unbedingt auf dem berühmten Frauenmarkt in Minab, der immer nur donnerstags stattfindet. Für die fast 500 km dahin planen wir zwei Tage ein. Heidi & Valentin ändern spontan ihren Reiseplan und schließen sich uns an. Zu Beginn des zweiten Tages haben die beiden an ihrem Mercedesbus allerdings einen Radlagerschaden und eine Weiterfahrt wird so unmöglich. Während der Bus auf einen LKW verladen und nach Bandar Abbas abgeschleppt wird, geht für uns am späten Nachmittag die Fahrt weiter Richtung Minab. In der Dunkelheit suchen wir uns 20 km vor der Stadt in einem Dörfchen ein Nachtlager. Auf einem unbebauten Grundstück parken wir, verdunkeln alle Scheiben und hoffen nicht aufzufallen. Da wir hundemüde sind, legen wir uns bereits um 21 Uhr schlafen. Bald darauf hören wir ein Motorrad mit zwei Männern. Sie leuchten auf unseren Bus und unterhalten sich. Dann drehen sie ab und kommen noch einmal, um dann, wie wir später erfahren, die Polizei zu verständigen. Diese steht dann 20 min später vor unserer Tür. Mit rudimentären Englisch erklären sie, dass wir hier nicht schlafen dürfen, aber 300 m weiter sei eine Polizeistation vor der wir nächtigen können. Also gut, wenn es nur 300 m sind und wir dann unsere Ruhe haben. Wir parken ratzfatz um und versuchen wieder einzuschlafen. Nach einer Stunde, wir sind gerade eingedöst, klopft es wieder an den Bus. Die Polizisten stehen wieder da. Auch hier dürfen wir plötzlich nicht mehr übernachten und sollen in ein Hotel fahren. Unser Argument: warum in ein Hotel fahren, wenn wir doch unser Zuhause dabei haben, verstehen sie nicht. Eine Diskussion ist mühsam und sinnlos. Wir dampfen verärgert ab und parken 2 km weiter an der Straße nach Minab. Hier sind wir ungestört und mittlerweile so fix & fertig, dass wir den Lärm der Straße gar nicht mehr wahrnehmen.
Der Frauenmarkt in Minab entschädigt für die Strapazen der Anreise. Das Außergewöhnliche für uns an diesem Markt sind die burqatragenden Frauen. Eine iranische Burqa ist nicht die uns bekannte Burka, die vor allem in Afghanistan von Frauen getragene Ganzkörpergewand, sondern eine Gesichtsmaske, die Nase und Augenpartien bedeckt. Sie kann entweder aus Stoff oder aus Leder bestehen und zeigt die regionale Herkunft der Frauen. Außerdem sind die Frauen hier, nicht wie im gesamten Iran schwarz gekleidet, sondern tragen bunte Gewänder, die eher an eine Afrikanerin denken lassen.
Nicht nur für uns ist dieser Markt etwas besonders, sondern für die gesamte Umgebung. Viele kommen von weit her und das kleine Städtchen Minab platzt daher donnerstags aus allen Nähten. Der Markt besteht eigentlich aus mehreren kleinen Märkten. So gibt es den Viehmarkt, wo Schafe und Ziegen verkauft werden. Tauben, Truthähne, Küken und Hühner werden auf dem Geflügelmarkt angeboten. Außerdem gibt es noch den Gemüsemarkt, den Haushaltsartikelmarkt und der Markt mit den traditionellen Masken und Bordüren. Nach fünf Stunden auf dem Markt sind wir absolut reizüberflutet und flüchten uns vor der Mittagshitze in den Bus.
Auf dem Weg nach Bandar Abbas, wo wir Heidi & Valentin wieder treffen wollen, halten wir noch einmal für eine verspätete Mittagspause an und genießen in der Einsamkeit eine letzte Dusche vor der Großstadt.
In den bisher im Iran zurückgelegten 4.000 km haben wir noch kein einziges Kamel gesichtet. Überall im Land sehen wir zwar Schilder: Achtung Kamele. Und dennoch Fehlanzeige. Und nun kurz vor Bandar Abbas entdecken wir eine ganze Kamelherde mit ihren Hirten. Sofort biegen wir von der Straße ab, um die Tiere zu beobachten. Die Hirten sind nicht mehr wie früher zu Fuß unterwegs oder sitzend auf einem Kamel. Nein, sie fahren mit ihren Mopeds knatternd zwischen der Herde umher. Wir laden sie zu einer Banane ein. Verständigung ist mal wieder schwierig, da sie weniger Englisch sprechen wie wir Farsi. Trotzdem eine herzliche Begegnung.
An einer Tankstelle in Bandar Abbas versuchen wir unsere Gasflasche aufzufüllen. Fehlanzeige. Hier gibt es nicht das Gasgemisch, das wir zum Kochen benötigen. Aber kein Problem. Wir sind doch im Iran. Es vergehen keine fünf Minuten, da sitzt Janus beim hilfsbereiten Reza im Jeep, die Gasflasche auf dem Schoß und braust los Richtung Problemlösung. Mehrere Stellen müssen abgeklappert werden, bevor ein Mann die fremde Flasche auffüllen kann. Dazu wird eine volle Gasflasche in 1 m Höhe auf den Kopf gestellt und mit einem Schlauch mit unserer Flasche, die auf dem Boden liegt verbunden. Dann öffnet man die obere Flasche und das Gemisch fließt in die untere Flasche. Kein ungefährliches Vorgehen. Und als dann noch das Handy in der Tasche des Umfüllers klingelt, geht Janus schon mal hinter die Stahltür in Deckung. Es geht alles gut und unsere Flasche wird für umgerechnet 1,50 Euro befüllt. Reza bringt Janus wieder zurück und lädt ihn selbstverständlich, so wie viele Iraner an einem Tag, in sein Haus ein. Wir lehnen dankend ab, wollen wir doch noch heute Abend auf dem Parkplatz sein, wo Heidi & Valentin bereits auf uns warten. Nach einer Stunde erreichen wir den Truckerparkplatz und freuen uns die beiden wieder zu sehen. Ihr Ersatzteil wird in einigen Tagen eintreffen und so lange müssen sie hier ausharren.
Um die Zeit zu überbrücken gehen wir gemeinsam an den Strand, und genießen einen Spielenachmittag in einem angrenzenden Park. Normalerweise haben solche Parks immer Toilettenhäuser. Da diese hier aber in einem erbärmlichen Zustand sind, versucht es Janus in einem riesigen Gebäudekomplex. Er wird vom Securitypersonal verscheucht. Sehr komisch. Wir beobachten das Gebäude und stellen fest, dass nur Frauen ein und aus gehen. Also versucht es zunächst Heidi und wird eingelassen. Sie kommt mit einem breiten Grinsen zurück. Es handelt sich um ein Frauenschwimmbad! Das lässt sich Ursel nicht zweimal sagen und schaut sich das Ganze von Innen an. Und tatsächlich: überall Frauen im Badeanzug und Bikini. Was für ein verrücktes Bild nach wochenlangen schwarzen Umhängen und Kopftüchern! In einem großen Becken plantschen die Frauen und freuen sich am Nass. Alles ganz natürlich und wie bei uns: nur ohne Männer.
Am nächsten Tag unternehmen wir zu viert einen Tagesausflug auf die Insel Hormuz. Ein Passagierboot bringt uns in einer Stunde auf das kleine Eiland. Hormuz ist eine Vulkaninsel und überrascht mit seinen roten, schwarzen, weißen, gelben und grünen Bergen. Wir chartern ein Tuk Tuk, das uns zu den Sehenswürdigkeiten wie Rainbow Mountain, roter Strand, gelben Klippen, Salzgrotte und zur portugiesischen Festung bringt. Ein echt abgefahrenes Naturschauspiel! Hormuz gehört definitiv mit zu unseren Highlights im Iran.
Während Heidi & Valentin in Bandar Abbas auf ihr Ersatzteil warten, fahren wir weiter auf die Insel Qeshm. Von Badar-e-Pol setzen wir mit der Autofähre über. Das Ticket ist nicht so einfach zu bekommen. Mit ausländischem Fahrzeug muss man sich eine Zollgenehmigung für die zollfreie Insel einholen. Das Ticket selbst ist nur mit iranischer Kreditkarte zu bezahlen. Also gibt man einem Iraner das Geld, der dann mit seiner Kreditkarte für uns das Ticket kauft. Natürlich haben wir das Geld nicht passend und benötigten dazu noch jemanden, der uns rausgeben kann. Aber auch dies klappt zum Glück problemlos. Die Überfahrt selbst dauert nur 15 Minuten und auch diese wird bald der Vergangenheit angehören, da derzeit eine Brücke gebaut wird.
Auf der Insel wollen wir uns ein wenig erholen, bevor es an die Verschiffung nach Dubai geht.
An einem einsamen Strand treffen wir auf Julia & Lukas, die mit Zelt & Rucksack unterwegs sind. Wir laden das russisch-deutsche Pärchen zu Spaghetti ein und genießen ein wärmendes Lagerfeuer am Abend. Da wir am nächsten Tag die längste Salzhöhle der Welt (6,5 km) besichtigen wollen und die beiden den Höhleneingang ein paar Tage zuvor nicht gefunden hatten, schließen sie sich uns an. Auf Anhieb finden wir gemeinsam den Eingang und wollen gerade unseren wasserdichten Beutel bepacken als ein Ranger vor uns steht. Die Höhle ist nur mit Sondergenehmigung, die nur an Geologen und Höhlenforscher ausgestellt wird begehbar. Wir können aber wenige Meter weiter fahren und uns zwei von insgesamt 15 Höhlen anschauen. Diese sind touristisch erschlossen und kosten (noch) keinen Eintritt. Janus dringt in Bauchlage noch tiefer in die beiden Höhlen ein, während Ursel draußen sicherheitshalber wartet.
Wir verabschieden uns von Julia & Lukas und fahren allein weiter, um die Insel zu erkunden. Am folgenden Tag fahren wir in ein Örtchen ein und wollen Brot kaufen. Doch leider gibt es hier keine Bäckerei. Jedoch stehen einige Frauen in bunten Gewändern und Lederburqa auf der Straße und begutachten uns schon neugierig. Vielleicht unsere Chance an Brot zu kommen. Ursel geht alleine hin und fragt die Frauen nach „Nun“ und tatsächlich wird sie von einer Frau mit nach Hause in die Küche genommen und bekommt verschiedene Fladenbrote geschenkt. Und auch eine andere Frau kommt noch eilig daher und gibt noch was von ihrem Brot dazu. Wie wunderbar! Allerdings würde das Brot nur für einen Tag reichen und wir planen, einige Tage in einer Bucht zu stehen. Also halten wir noch in der nächsten Ortschaft und auch hier stehen einige Frauen um einen Gemüseverkäufer, der direkt von der Ladefläche seine Waren verkauft. Auch hier versucht es Ursel allein und spricht die Frauen an. Und tatsächlich: sie haben eine Bäckerei, die aber gerade geschlossen hat. Rein zufällig läuft gerade der Bäcker vorbei. Er geht schnell nach Hause (30 m weiter), holt den Schlüssel und nimmt Ursel mit in die Backstube. Die dünnen Fladenbrote sollten jetzt auf alle Fälle für ein paar Tage ausreichen.
Kurz nach dem Dorf biegen wir Richtung Meer ab und finden einen schönen Platz unter einem Baum nur wenige Meter vom Strand entfernt. Dort bleiben wir erst einmal drei Tage und sammeln Muscheln und genießen die Ruhe.
Weiter geht es zu einem Canyon. Da gerade Freitag und somit Wochenende ist, herrscht dort ein reges Treiben. Der Canyon ist wie die Salzhöhlen touristisch erschlossen und kostet wieder kein Eintritt. Also ganz nach unserem Geschmack. Nach einem schönen Vormittag dort fahren wir bei traditionellen Bootsbauern vorbei und weiter Richtung Mangrovenlandschaft. Am Ende einer Stichstraße picknickt und fischt gerade eine iranische Familie. Der erste Fang von einem Prachtexemplar wird uns geschenkt und da wir uns beim Fisch ausnehmen ziemlich blöd anstellen, sogar von der Frau ausgenommen. Wir sitzen den ganzen Abend noch auf ihrer Picknickdecke und werden eingeladen morgen Abend zu ihnen nach Hause zu kommen. Wir sagen spontan zu und bereiten uns den nächsten Tag auf die Abendeinladung vor. Das heißt konkret, dass wir uns mal wieder duschen und ein Geschenk besorgen. Dazu fahren wir nach Qeshm Stadt und kaufen eine Schachtel voll Kuchen und ein Päckchen Kaffee.
Wir haben während unserer Wochen im Iran mehrere Einladungen nach Hause erhalten, bisher aber immer abgelehnt, weil zum einen die Englischkenntnisse sehr gering waren und zum anderen das Gefühl einfach nicht gestimmt hat. Bei dieser Familie ist dies nun aber anders. Das liegt daran, dass Sohn Iman englisch spricht und mit seinem Lockenkopf sehr sympathisch wirkt und außerdem besitzt die Familie einen Hund, den sie sogar an der Leine mit nach draußen nehmen. Im Islam gelten Hunde als unrein und werden daher in der Regel nicht wie bei uns als Haustiere gehalten. Wir kommen in der Dunkelheit bei der Familie an und werden erst einmal ins Gästezimmer weitergeleitet. In einem muslimischen Haus haben wir so einen Gästeraum sehr oft gesehen. Er ist vor allem dafür, dass männliche Besucher nicht in den Wohnbereich des Hauses und somit in den kopftuchfreien Frauenbereich vordringen können. Dort wird zunächst schwarzer Tee und Gebäck serviert und da wir nicht wissen, ob und was noch folgt, langen wir ordentlich zu. Nach zwei Stunden wird auf dem Boden eine Plastikdecke ausgebreitet, auf der heiße Speisen angerichtet werden. Zunächst dürfen wir eine Hühnchen-Pilz-Suppe kosten, gefolgt von einem bunten Salat, danach Bohnen-Lamm-Spinat-Eintopf mit Reis, Joghurt und eine Art Auflauf. Nach einer Runde „Mensch ärgere Dich nicht“ rundet ein Nachtisch aus verschiedenen Gelees und Eis den Abend ab. Im Gästezimmer wird bald darauf ein Nachtlager aus Decken und Kissen gebaut und wir fallen erschöpft in einen tiefen Schlaf. Am nächsten Tag hilft uns Iman und seine Mutter Azam dann einen Großeinkauf vor der Überfahrt in die teuren Emirate zu tätigen. Wir fahren mit ihrem Toyota in einen großen Supermarkt, wo sie dann auch noch einen Discount für uns aushandeln. Am Nachmittag fahren wir dann alle zusammen mit Silvester in die Inselhauptstadt und bummeln durch eine Shoppingmall, wo gerade eine Ausstellung von lokalen Künstlern stattfindet. Auch Tochter Ghasohle hat einige ihrer Arbeiten hier. Am Abend sitzen wir dann wieder zusammen in ihrem Haus und essen Falafel vorm Fernseher und fragen uns gegenseitig Löcher in den Bauch. Außerdem nutzen wir die Gelegenheit und tauschen mit Sohn Iman iranische gegen deutsche Musik.
Wir sind sehr froh am Ende unserer zwei Monate im Iran noch die Gelegenheit gehabt zu haben an einem iranischen Familienleben teil zu haben. Der Iran ist ein wirklich tolles Reiseland mit vielen Sehenswürdigkeiten. Und dennoch können die Moscheen und Basare nicht mit der Gastfreundlichkeit der Iraner mithalten. Danke an Hesham, Azam, Iman und Ghasole für die tolle Zeit!
Nach zehn Tagen verlassen wir die Insel Qeshm und fahren zurück nach Bandar Abbas. Dort verschiffen wir unseren Silvester auf die arabische Halbinsel.
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